Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel veröffentlicht am 26. November 2024 ihre Memoiren. Das Buch wird unter dem Titel "Freiheit - Erinnerungen 1954 - 2021" über den Kiwi Verlag (Kiepenheuer & Witsch) veröffentlicht. Das Werk wird in 30 Ländern erscheinen. Markel hat das Buch ohne Ghostwriter geschrieben. Auch als Hörbuch kommt es auf den Markt.
Was der Klappentext verrät:
"16 Jahre trug Angela Merkel die Regierungsverantwortung für Deutschland, führte das Land durch zahlreiche Krisen und prägte mit ihrem Handeln und ihrer Haltung die deutsche und internationale Politik und Gesellschaft. Doch natürlich wurde Angela Merkel nicht als Kanzlerin geboren. In ihren gemeinsam mit ihrer langjährigen politischen Beraterin Beate Baumann verfassten Erinnerungen schaut sie zurück auf ihr Leben in zwei deutschen Staaten - 35 Jahre in der DDR, 35 Jahre im wiedervereinigten Deutschland. Persönlich wie nie zuvor erzählt sie von ihrer Kindheit, Jugend und ihrem Studium in der DDR und dem dramatischen Jahr 1989, in dem die Mauer fiel und ihr politisches Leben begann. Sie lässt uns teilhaben an ihren Treffen und Gesprächen mit den Mächtigsten der Welt und erhellt anhand bedeutender nationaler, europäischer und internationaler Wendepunkte anschaulich und präzise, wie Entscheidungen getroffen wurden, die unsere Zeit prägen. Ihr Buch bietet einen einzigartigen Einblick in das Innere der Macht - und ist ein entschiedenes Plädoyer für die Freiheit."
Was berichtet Merkel worüber?
Angela Merkel hat in ihrer Amtszeit den Wunsch der Ukraine nach einem schnellen Nato-Beitritt auszubremsen versucht, weil sie bereits damals eine militärische Antwort Russlands befürchtete. Das berichtet die 70-jährige Christdemokratin in ihren am Dienstag erscheinenden Memoiren, aus denen die "Zeit" vorab einen Auszug veröffentlicht hat. In dem Buch mit dem programmatischen Titel "Freiheit" beschreibt Merkel denkwürdige Begegnungen mit SPD-Kanzler Gerhard Schröder, dem damaligen und künftigen US-Präsidenten Donald Trump sowie Russlands Präsidenten Wladimir Putin.
Und sie bezieht Position auch in einer aktuellen Entwicklung: Sie bekennt, dass sie sich einen Sieg der demokratischen US-Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris gewünscht habe, und zwar "von Herzen", wie sie schreibt.
Die Entscheidung, einen Nato-Beitrittsstatus für die Ukraine zu verhindern
Ihre Politik gegenüber der Ukraine wird Merkel in Kiew bis heute vorgehalten. Über den entscheidenden Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, als es um einen Plan für einen Beitrittskandidaten-Status der Ukraine und Georgiens ging, schreibt die damalige Kanzlerin: "Ich verstand den Wunsch der mittel- und osteuropäischen Länder, so schnell wie möglich Mitglied der Nato zu werden." Aber: "Die Aufnahme eines neuen Mitglieds sollte nicht nur ihm ein Mehr an Sicherheit bringen, sondern auch der Nato."
Dabei sah sie Risiken hinsichtlich der vertraglich abgesicherten Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Halbinsel Krim. "Eine solche Verquickung mit russischen Militärstrukturen hatte es bislang bei keinem der Nato-Beitrittskandidaten gegeben. Außerdem unterstützte damals nur eine Minderheit der ukrainischen Bevölkerung eine Mitgliedschaft des Landes in der Nato", erinnert sie sich.
"Ich hielt es für eine Illusion anzunehmen, dass der MAP-Status (Beitrittskandidaten-Status) der Ukraine und Georgien Schutz vor Putins Aggression gegeben hätte, dass also dieser Status so abschreckend gewirkt hätte, dass Putin die Entwicklungen tatenlos hingenommen hätte. Wäre es damals im Ernstfall vorstellbar gewesen, dass die Nato-Mitgliedstaaten militärisch - mit Material wie mit Truppen - geantwortet und eingegriffen hätten? Wäre es vorstellbar gewesen, dass ich als Bundeskanzlerin den Deutschen Bundestag um ein solches Mandat auch für unsere Bundeswehr gebeten und dafür eine Mehrheit bekommen hätte?"
Am Ende stand ein Kompromiss, der aber einen Preis hatte, wie Merkel schreibt: "Dass Georgien und die Ukraine keine Zusage für einen MAP-Status bekamen, war für sie ein Nein zu ihren Hoffnungen. Dass die Nato ihnen zugleich eine generelle Zusage für ihre Mitgliedschaft in Aussicht stellte, war für Putin ein Ja zur Nato-Mitgliedschaft beider Länder, eine Kampfansage."
Begegnungen mit Trump
Bei ihrem ersten Treffen mit dem damals neu gewählten US-Präsidenten befragte der sie 2017 im Oval Office des Weißen Hauses nach ihrem Verhältnis zu Putin. "Der russische Präsident faszinierte ihn offenbar sehr. In den folgenden Jahren hatte ich den Eindruck, dass Politiker mit autokratischen und diktatorischen Zügen ihn in ihren Bann zogen", schreibt Merkel.
Die anschließende Pressekonferenz gestaltete sich schwierig. Trump habe Deutschland Vorhaltungen gemacht, sie habe mit Zahlen und Fakten geantwortet. "Wir redeten auf zwei unterschiedlichen Ebenen. Trump auf der emotionalen, ich auf der sachlichen... Eine Lösung der angesprochenen Probleme schien nicht sein Ziel zu sein", erinnert sie sich. "Es kam mir vor, als ob er es darauf anlegte, seinem Gesprächspartner ein schlechtes Gewissen zu machen. Als er merkte, dass ich energisch dagegenhielt, beendete er unvermittelt seine Tirade und wechselte das Thema. Gleichzeitig wollte er, so mein Eindruck, seinem Gesprächspartner auch gefallen."
Trump habe alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers gesehen, der ein Grundstück haben wolle. "Für ihn standen alle Länder miteinander in einem Wettbewerb, bei dem der Erfolg des einen der Misserfolg des anderen war. Er glaubte nicht, dass durch Kooperation der Wohlstand aller gemehrt werden konnte."
Ratschlag von ganz oben
In ihrer Privataudienz bei Papst Franziskus wenige Monate später sprach Merkel ihre Sorge an, dass sich die USA unter Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen. "Ohne Namen zu nennen, fragte ich ihn, wie er mit fundamental unterschiedlichen Meinungen in einer Gruppe von wichtigen Persönlichkeiten umgehen würde. Er verstand mich sofort und antwortete mir schnörkellos: "Biegen, biegen, biegen, aber achten, dass es nicht bricht." Dieses Bild gefiel mir."
Umgang mit einem Rüpel
Denkwürdig auch die Szene, mit der Merkel 2005 ins Amt kam: als nämlich SPD-Kanzler Gerhard Schröder in der Fernsehrunde am Abend der Bundestagswahl seine Niederlage nicht eingestehen wollte und der - allerdings denkbar knappen - Siegerin in rauem Ton prophezeite, seine Partei werde ihr niemals als Koalitionspartner ins Kanzleramt verhelfen. "Ich selbst saß da, als wäre ich gar nicht Teil des Ganzen, sondern als schaute ich mir zu Hause vor dem Fernseher die Szene an. Immer wieder sagte ich mir: Begib dich nicht mit den anderen in den Clinch, dann fängst du auch noch an, dich im Ton zu vergreifen. Mir war vollkommen klar, dass ich etwas Besonderes erlebte, aber alles lief eher unbewusst ab. Ich bezweifelte sehr, ob Gerhard Schröder einem Mann gegenüber genauso aufgetreten wäre", erinnert sich die Frau, die danach noch 16 Jahre lang regieren sollte.
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