Können Sie sich eine Immobilie leisten?

Eigenkapital, Kosten, Ablauf Inflation, gestiegene Zinsen und ein heiß gelaufener Immobilienmarkt: Die Finanzierung von Eigentum ist eine Herausforderung. Wir erklären, ob - und wie - Sie trotzdem erfolgreich sein können.

München/Lübeck. 

Jahrelang kannten die Immobilienpreise in Deutschland nur eine Richtung: aufwärts. Doch jetzt erleben wir eine Trendwende: Die Kaufpreise sinken. Dafür sind allerdings die Zinsen gestiegen - und sie verteuern den Hauskauf erheblich.

Viele Menschen fragen sich: Kann ich mir überhaupt eine Immobilie leisten? Hier erfahren Sie alles, um die wahrscheinlich wichtigste finanzielle Entscheidung Ihres Lebens treffen zu können.

Wie läuft die Finanzierung mit einem Immobilienkredit ab?

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät zu einem klassischen Annuitätendarlehen. Dabei zahlen Sie eine feste monatliche Rate, die sogenannte Annuität, die sich aus Tilgung und Zinsen zusammensetzt.

Anfangs ist der Zinsanteil noch sehr hoch, im Lauf der Zeit dreht sich dieses Verhältnis um - weil Sie den gleichen Sollzinssatz auf eine immer geringere Restschuld zahlen.

Ein Immobilienkredit hat folgende Parameter:

  • Darlehenssumme
  • Sollzinssatz (Nominalzins)
  • Effektivzinssatz: Sollzins plus anfallende Kosten
  • Zinsbindungszeit (Laufzeit)
  • monatliche Rate (Annuität)

Bei einem Volltilgerdarlehen wird der Kredit innerhalb der festgelegten Laufzeit abbezahlt. Eine Anschlussfinanzierung mit einem neuen Kredit wird also nicht notwendig.

  • Vorteile: Kein Zinserhöhungsrisiko, feste Monatsrate, tendenziell etwas bessere Zinsen bei vielen Anbietern.
  • Nachteile: Wenig Flexibilität bei der Tilgung, vor allem müssen Kreditnehmer schon früh hohe Summen tilgen können.

Ist nach Ablauf der Zinsbindung noch eine Restschuld offen, wird wiederum eine Anschlussfinanzierung nötig. Das ist häufig der Fall.

Mit einem Forward-Darlehen sichert man sich für den Anschlusskredit bereits ganz am Anfang der ersten Finanzierung einen bestimmten Zins. Ob das sinnvoll ist, lässt sich nicht pauschal sagen - es hängt von der Zinsentwicklung ab. Steigen die Zinsen, hat man einen Vorteil. Sinken die Zinsen, zahlt man trotzdem mehr.

Verbraucherschützer empfehlen auf jeden Fall, jährliche Sondertilgungen zu vereinbaren. So können unter anderem Erbschaften und Tantiemen zur Tilgung genutzt werden.

Wer noch mehr Spielraum möchte, kann statt einem fixen Annuitätendarlehen auch einen flexiblen Kredit wählen. Hier lässt sich zum Beispiel zusätzlich die Ratenhöhe ändern.

  • Vorteile: Die Schuldentilgung lässt sich an die Lebenssituation anpassen, zum Beispiel an ein wechselndes Einkommen.
  • Nachteil: Für die Flexibilität wird meist ein Aufschlag fällig.

Vorsicht: Verbraucherschützer raten von Kombinationen aus Bausparverträgen, Lebensversicherungen oder Investmentfonds mit Darlehen in fast allen Fällen ab. Zu teuer, zu unflexibel.

Welche Kosten fallen beim Immobilienkauf an?

Interessenten dürfen nicht allein mit dem angebotenen Preis für ein Objekt rechnen. Die Gesamtkosten setzen sich so zusammen:

  • Kaufpreis
  • Nebenkosten wie Grunderwerbsteuer, Notargebühren und Maklercourtage (insgesamt etwa 10 bis 12 Prozent des Kaufpreises)
  • Sanierungskosten bei gebrauchten Häusern
  • Kosten für den Umzug, neue Möbel und den Garten

Eigenkapital beim Immobilienkauf: Wie viel brauche ich?

Je mehr Eigenkapital, umso besser. Denn damit verringert sich die Summe, die man als Kredit aufnehmen muss. Wer kein oder wenig Eigenkapital aufbringt, hat folgende Nachteile:

  • Man bezahlt höhere Zinsen.
  • Die Entschuldung dauert länger.
  • Bei einem vorzeitigen Verkauf - aus welchen Gründen auch immer - steigt das Risiko, unterm Strich auf Schulden sitzen zu bleiben.

Aus diesen Gründen raten Verbraucherschützer, Sparverträge lieber zu kündigen, um damit den Eigenkapitalanteil zu erhöhen.

Das Ersparte sollte mindestens für die Nebenkosten reichen. Das wäre eine 100-Prozent-Finanzierung. Entscheidend sei, ob der Kreditnehmer die Raten dauerhaft bezahlen könne, erklärt Niels Nauhauser von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Wer kein absolut sicheres und hohes Einkommen hat, sollte mindestens 10 und am besten 20 Prozent des Kaufpreises mitbringen. Dazu raten unter anderem die Experten der Zeitschrift "Finanztest".

Immobilienkredit: Welche monatliche Rate kann ich mir leisten?

Diese Rechnung ist Voraussetzung dafür, um die maximale Höhe des Darlehens zu ermitteln. Es kommt also darauf an, alle monatlichen Einnahmen und Ausgaben gegenüberzustellen.

Alternativ lässt sich addieren, was man binnen eines Jahres an Kaltmiete gezahlt und zusätzlich gespart hat. Nur dieses Geld steht zur Verfügung, wenn Sie Eigentümer sind und den Kredit abbezahlen müssen.

Wichtig ist aber auch der Blick in die Zukunft: Wie ändern sich Einnahmen und Ausgaben, wenn man in Eigentum lebt? Danach kann man den derzeitigen monatlichen Überschuss anpassen.

Richtwert: Die Kreditrate sollte nicht mehr als 40 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens ausmachen. Schließlich kostet die Lebenshaltung auch Geld. Außerdem möchte man sich durchaus noch die eine oder andere nette Anschaffung leisten können.

Wichtig: Man sollte die Kreditrate dauerhaft tragen können. Dabei ist eine Reihe von kritischen Punkten zu berücksichtigen:

  • Wie sicher sind der eigene Job und das Einkommen?
  • Sind Kinder und damit ein Verdienstausfall durch Teilzeitarbeit eingeplant? Welche zusätzlichen Ausgaben entstehen hier?
  • Gibt es für den Ernstfall Rücklagen?

Wann möchten Sie Ihr Darlehen getilgt haben?

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg rät, möglichst schon einige Jahre vor Rentenbeginn schuldenfrei zu sein. Denn auch ohne Schulden kostet die Immobilie weiter Geld, etwa für Instandhaltungen.

Faustregel: Für den Werterhalt der Immobilie sollte man jährlich rund 2 Prozent des Wertes der Bausubstanz einkalkulieren. Die Bausubstanz ist der Immobilienwert minus Grundstückswert.

Grundsätzlich empfiehlt es sich, schon von Anfang an möglichst viel zu tilgen. Faustregel der Stiftung Warentest: Mindestens 2 und besser 3 Prozent Tilgung sollte man sich im Jahr leisten können.

Welche Laufzeit ist beim Immobilienkredit die beste Option?

Das lässt sich nicht pauschal beantworten, weil niemand der Entwicklung der Zinsen seriös voraussehen kann.

Die Stiftung Warentest rät zu einer möglichst langen Zinsbindung, weil die Zinsen im langjährigen Vergleich immer noch niedrig seien. Der Kredit sei dann zwar teurer, biete aber mehr Sicherheit.

Hier kommt es allerdings auch darauf an, wie schnell man von den Schulden herunterkommt. Wer rasch tilgt, braucht in der Regel keine überlange Zinsbindung, so die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Finanzierungsprofi Niels Nauhauser erklärt: "Wer viel tilgt, für den sind zehn Jahre völlig ausreichend. Wer dagegen wenig tilgen kann, den kann ein Zinsanstieg härter treffen. Das Risiko kann man dann mit einer längeren Laufzeit reduzieren."

Der Verbraucherschützer rät auf jeden Fall dazu, nur Angebote mit einer festen Laufzeit anzufragen. "Die Banken tun alles, um sich dem Zinswettbewerb zu entziehen." Sie bieten oft nicht ein Darlehen an, sondern mehrere kombinierte Kredite – zum Beispiel einmal mit 15 Jahren Laufzeit und einmal mit fünf Jahren Laufzeit. Finger weg.

Zehn Jahre nach Auszahlung des Kredits besteht ohnehin ein Kündigungsrecht, unabhängig von der Laufzeit. Die Frist beträgt dafür sechs Monate. Auch Sondertilgungen sind dann möglich.

Wie lässt sich die maximale Kreditsumme berechnen?

Wer seinen voraussichtlichen monatlichen Überschuss ermittelt hat, kann daraus die maximale Monatsrate für den Kredit ableiten. Daraus wiederum lässt sich die Höhe des Darlehens bestimmen.

Die maximale Summe lässt sich mit Rechnern im Internet ermitteln, zum Beispiel von der Stiftung Warentest, der FMH-Finanzberatung oder mit dem Hypothekenrechner von Zinsen-berechnen.de. Hierzu gibt man noch verschiedene andere Werte an, etwa den Sollzinssatz.

Wer mit den Rechnern herumspielt, stellt fest: Die Werte hängen miteinander zusammen. Verändert man Zinssatz, Tilgungsrate und monatliche Rate, ändert sich auch die Darlehenssumme.

Beispiele:

  1. Bei einer monatlichen Rate von 1000 Euro, einer Tilgung von 2 Prozent und einem Sollzinssatz von 2 Prozent (Annuität also insgesamt bei 4 Prozent) liegt die Darlehenssumme bei 300 000 Euro.
  2. Will man nun 3 Prozent statt 2 Prozent tilgen (Annuität von fünf Prozent) und ändert nichts an den anderen Werten, liegt die Summe nur noch bei 240 000 Euro. Das gilt genauso bei 3 Prozent Zins und 2 Prozent Tilgung, also der gleichen Annuität.
  3. Wer sich bei 2 Prozent Tilgung und 2 Prozent Zins eine monatliche Rate von 1500 Euro leisten kann, bekommt 450 000 Euro Darlehen.
  4. Erhöht man bei der Monatsrate von 1500 Euro die Tilgung auf 3 Prozent, reduziert sich die Summe wieder - auf 360 000 Euro. Ebenso, wenn man einen Zins von 3 Prozent bei 2 Prozent Tilgung anlegt.

Die Beispiele zeigen: Der Anstieg der Zinsen hat große Auswirkungen auf die Immobilie, die Sie sich am Ende leisten können - oder eben nicht mehr. Kompensieren lässt sich der Anstieg durch eine höhere Monatsrate. Aber gerade die lässt sich nicht beliebig erhöhen.

Für viele Interessenten bedeutet das derzeit: Durch den jüngsten Zinsanstieg platzt der Traum vom Eigenheim.

Wenn Sie die maximale Darlehenssumme ermittelt haben, wissen Sie, was Sie sich leisten können. Addieren Sie nun das Eigenkapital hinzu, ergibt sich die Summe, die Sie maximal für die Immobilie inklusive Nebenkosten und Sanierungsmaßnahmen ausgeben können.

Wie finde ich die besten Immobilienkredite?

Die Unterschiede bei den Zinsen können gewaltig sein. Wer nicht vergleicht, hat am Ende seiner Finanzierung womöglich mehrere Zehntausend Euro zu viel bezahlt.

Die "Finanztest"-Experten raten, sich mehrere Angebote einzuholen, etwa von einem Kreditvermittler, der regionalen Bank und der eigenen Hausbank. Bei Vermittlern sollte man nachfragen, ob auch die Angebote regionaler Anbieter gelistet sind. Kreditsumme, Ratenhöhe, Zinsbindung und Rückzahlungsmodalitäten sollten immer gleich sein.

Wovon hängt der Zinssatz ab, den die Bank mir konkret bietet?

Der finale Zinssatz, den ein Kreditnehmer bekommt, bewegt sich zwar in einer bestimmten Spanne. Er hängt aber von individuellen Faktoren ab. Dazu zählen etwa:

  • die Geschäftspolitik der Bank
  • die Bewertung des Objekts
  • die Bonität des Kunden
  • das Eigenkapital
  • der Zeitraum der Zinsbindung
  • die Tilgungsmodalitäten

"Der wichtigste Faktor ist das Verhältnis des Darlehens zum Immobilienwert, der sogenannte Beleihungsauslauf", erklärt Kai Weber, Finanzierungsexperte beim Kreditvermittler Dr. Klein. "Je geringer der Anteil des Kredits am Wert der Wohnung oder des Hauses ist und je mehr Eigenkapital eingebracht wird, umso günstiger fällt der individuelle Zinssatz aus."

Der Grund: Die Bank geht dann ein kleineres Risiko ein, ihr Geld zu verlieren und gewährt deshalb günstigere Konditionen.

Wie sinnvoll ist ein Bausparvertrag?

Wer noch nach einer Immobilie sucht und erst in einigen Jahren Finanzierungsbedarf hat, dem wird oft ein Bausparvertrag verkauft. Das Kalkül könnte hier sein: Die Zinsen werden eher steigen. Also sichert man sich schon jetzt einen niedrigen Zinssatz.

Das sei vom Prinzip her richtig gedacht, sagt Niels Nauhauser. "Aber wenn eben jetzt gerade Finanzierungsbedarf besteht, ist ein Sparvertrag das falsche Produkt." Der Experte rät, allenfalls für zukünftige Renovierungen Bausparverträge in Betracht zu ziehen.

Was ist eine Bausparsofortfinanzierung?

Bei einer Bausparsofortfinanzierung handelt es sich um eine Kombination aus einem Darlehensvertrag und einem Bausparvertrag. Das Darlehen wird in der Regel nicht getilgt, man bezahlt nur die Zinsen. Die Restschuld bleibt in voller Höhe bestehen. Man spart zunächst an, oft durch eine größere Einmalzahlung und monatliche Sparraten.

Bis zur Zuteilung des Bausparvertrags bezahlt man somit Zinsen und Bausparraten. Ist das erforderliche Guthaben eingezahlt, wird der Vertrag zugeteilt. Dann darf man das Bauspardarlehen beantragen, dessen Konditionen bereits feststehen. Dieses Darlehen löst das tilgungsfreie Darlehen ab. Das Argument der Anbieter: Die Zinsen stehen hier für einen sehr langen Zeitraum fest.

Lohnt sich das?

"Bei Bauspar-Kombinationen würde ich zu großer Vorsicht raten", sagt Nauhauser. "Diese Produkte sind meist teurer und komplexer und nach unserer Erfahrung im Regelfall nicht vorteilhaft." Ein normales Annuitätendarlehen mit ähnlicher Zinsbindung ist meist sinnvoller.

Baufinanzierung: Welche Förderung kann ich bekommen?

Beim Bau oder Kauf einer Immobilie kann man sich in einigen Fällen finanziell unterstützen lassen. Man muss immer einen Antrag stellen und prüfen, ob man für die jeweilige Förderung in Frage kommt.

Hier ein kurzer Überblick:

  • KfW-Kredit: Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) gewährt zinsgünstige Kredite im Rahmen des Wohneigentum-Programms. Und es gibt Zinsvergünstigungen beim Bau eines klimafreundlichen Hauses.
  • Wohnriester: Haus- und Wohneigentümer, die ihre Immobilie selbst nutzen, können die Riester-Förderung nutzen.
  • Regionale Förderprogramme: Bundesländer und Kommunen bieten teils eigene Programme, etwa um Familien in die Region zu locken.


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